80’s – Climbing in the northern part of Germany
Date
1989
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Im dunklen Norden
Klettern im Weser-Leine Bergland
Zwischen den dichten Nebelschwaden tauchen ploetzlich die Umrisse eines grossen Krokodils auf. Die drei dunklen Gestalten, vermummt in Ihren Pelzen, gehen ihm lieber aus dem Wege. Stattdessen steuern sie schnurgerade auf die Konturen des Kameles zu, das durch die Baeume und die Regenschwangere Luft sichtbar wird. Ob ihre Entscheidung die richtige war? Den Raeucherschinken einfach zu vergessen und der Keule aus dem Weg zu gehen? Was kann man bei so einem Wetter gegen ein stoisches Kamel ausrichten? Sie sind alle drei schwer bewaffnet, und zwar alle mit der einzigen, in diesen Gefilden wirksamen Waffe: dem Regenschirm! Ihre Pelze sind Faserpelze und Krokodil und Kamel sind zwei der beliebtesten Felsen im norddeutschen Ith. Denn wenn es aufhoert zu regnen und der scharfe Wind einsetzt, sind die freistehenden Klippen in der Naehe des Ithzeltplatzes wesentlich schneller abgetrocknet als die Felsen Keule und Raeucherschinken im Klettergebiet Selter. Denn genauso mystisch wie diese Felsnamen klingen, kann hier auch manchmal das Wetter sein. Es faellt hier rein statistisch betrachtet weniger Niederschlag als im Sueden Deutschlands, nur scheint der nordische Wettergott diesen laenger geniessen zu wollen, weshalb er ihn sehr fein vaporisiert und zwischen seine hochgewachsenen Buchenwaelder haengt. Doch auch in Norddeutschland lacht mal die Sonne, und dann kommen die Kletterer von ueberall her. Von der Nordseekueste ueber Holland bis nach Berlin reicht Ihr Wochenend- Einzugsgebiet. Denn was sie schaetzen, ist vorallem die Vielzahl an sehr schoenen leichten Kletterrouten die es hier gibt. Fester, loechriger Jura Kalk bildet die eigenartigsten Felsformationen. Und als wenn der Felsgott schon geahnt haette, wie ungern die Kletterer weite Wege zu Fuss zuruecklegen, hat er die Felsen alle dicht nebeneinander in einer Reihe aufgestellt. So kann man dann, wenn man einmal sein Zelt auf dem JDAV Zeltplatz aufgestellt hat, 30 Felsen bequem zu Fuss erreichen. Die Rede ist von den Lueerdisser Klippen, dem Hauptklettergebiet des Ith. Genau wie die dazugehoerigen Holzener Klippen liegen sie fast den ganzen Tag in der Sonne, wenn sie denn scheint und das im Sommer dichte Blaetterdach der norddeutschen Buchen ihr nicht den Weg versperrt. Des weiteren gehoeren Selter und Kanstein mit zu den vier Hauptgebieten. Beide jedoch sind nordseitig ausgerichtet. Durch den 30 min. Anmarschweg wagen sich nur wenige in das dichte Unterholz des Kansteins, obwohl auch er hervorragende Klettereien bereit haelt. Der Selter bleibt eher dem Kletterer der schaerferen Richtung vorbehalten. Erst wer ab 7 aufwaerts klettert, wird sich hier wohl fuehlen, da die leichten Wege meist mit Moos und Gruenspan ueberzogen sind. Bevor wir uns aufmachen an die Felsen, ein kurzer Hinweis: Leute, bleibt bitte auf den befestigten Wegen. Unser Klettergebiet ist von massiven Felssperrungen bedroht, die wir nur abwenden koennen, wenn wir zeigen, dass Klettern und Naturschutz vereinbar ist. Deshalb: die Wege nicht verlassen, sie sind so eingerichtet, das man jeden Einstieg erreichen kann ohne durchs Unterholz zu gehen. Die Felskoepfe bitte nicht betreten um Topropes einzuhaengen, die Haken sind als Umlenkhaken fuer den Vorstieg gedacht. Wollt Ihr eine schwerere Route im Toprope probieren, bittet einfach jemanden der besser klettert, Euch die Route vorzusteigen. Denn das Gras auf den Gipfeln wurde von den Naturschuetzern als besonders schuetzenswert deklariert. Sie wollen das Gras, wir den Fels, also arrangieren wir uns, damit wir nicht morgen unsere Felsen hinter einem Zaun finden und dann vor Wut ins Gras beissen muessen. Geklettert wird im Weserbergland schon seit der Jahrhundertwende. Und wenn wir uns im Kletterfuehrer einmal ansehen, wann einige der heute leichteren Routen erstbegangen wurden, muessen wir diesen unseren Altvorderen unseren ganzen Respekt zollen. Denn sie hatten noch keine eng anliegenden Reibungskletterschuhe, kein Chalk, keine getesteten Bergseile und vorallen Dingen steckten noch keine Buehler Haken! Denn der Ith ist inzwischen komplett saniert. Alle alten, verrosteten Normalhaken der Erstbegeher wurden durch solide Buehlerhaken ersetzt. Dies heisst aber nicht, das man im Ith sich keine Gedanken mehr ueber die Absicherung machen muss. Denn gerade viele der leichten Wege muessen selbst mit Klemmkeilen und Sanduhrschlingen abgesichert werden. Denn im hiesigen Norden wurde schon sehr frueh mit der Freikletterei und dem “clean climbing” begonnen. Eigentlich schon zu einer Zeit, als noch keiner dieses Fremdwort kannte. Aber der loechrige Kalk bietet immer wieder hervorragende natuerliche Sicherungmoeglichkeiten. Allerdings ist auch eine gewisse Vorsicht geboten, schon viele Unfaelle haben sich durch unsachgemaesse Plazierung von Sicherungsmaterial, Ausbruch von Sanduhren etc. ereignet. Wenn Ihr also nicht sicher seit, das Ihr der Tour gewachsen seit, Finger weg! macht lieber etwas leichteres. Der Ith ist eher ein traditionelles Klettergebiet in dem die meisten leichteren Wege von unten erstbegangen wurden. Zwar wurden inzwischen schon einige alte Wege durch ein paar extra Buehlerhaken entschaerft, eben weil es in der Vergangenheit bereits zu Unfaellen gekommen ist, aber dies ist nicht der Standart. Jetzt aber endlich rann an den Fels! Unsere drei dunklen Gestalten liessen den Fels des Krokodils links liegen, wir wollen an ihm klettern. Der Name ist etwas pieksig, “Kakteenweg”, 5, nicht so die Kletterei. Sie bewegt sich an einer herlich luftigen Kannte. Mit dem direkten Einstieg, 6, ist es dann eine wunderschoene, gerade Linie. So, nach diesen 30 m erstem Felskontakt sind wir aufgewaermt fuer eines der Prunkstuecke im 7 ten Grad im Ith. 20 m rechts vom Kakteenweg schlaengelt sich schon wieder ein Tier durch den norddeutschen Wald: die 1979 von Milan Sykora von unten erstbegangene “Anakonda”, eine phantastische ueberhaengende Loecherwand im soliden 7 Grad. Wer sich vor Runouts fuerchtet, kann hier lernen seine Angst zu ueberwinden: stuerzt man an der Schluesselstelle, faellt man gut 8 m weit sanft ins Seil. Diese zuerst nur mit 7- bewertete Route war lange Zeit in der norddeutschen Klettergeschichte das Paradebeispiel der Kletterkunst. Heute steckt am Ausstieg ein Umlenkhaken, der einem die letzten 2 m zum Gipfel mit zittrigen Knien weit ueber der letzten Sicherung erspart und entschaerft. Wer so richtig leicht beginnen moechte, macht genau wie unsere drei dunklen Gestalten einen Bogen um das Krokodil, und geht bis zu den hinteren Felsen weiter. Dort kann man am Pfaffenstein der Geistlichkeit an der Wampe klettern, den Ueberhang an der Talseite im Grad 4-. Gleich gegenueber liegt der Haderturm, von uns liebevoll “Hollaendersturm” genannt, da es scheinbar ihr erklaerter Lieblingsfels ist. Seine Westkante, 5+, ist eine luftig loechrige Kante deren Crux sich am Ueberhang befindet. Gebietswechsel. Wir wollen schliesslich auch noch die Holzener Klippen kennenlernen. Entweder wir fahren bis zur kleinen Ortschaft Holzen, wo wir den Wagen parken und in ca. 15 min. zu den Felsen laufen. Oder wir gehen direkt vom Ith Zeltplatz aus zu Fuss ueber die Ithwiesen, vorbei am Segelflugplatz zur Rotesteinhoehle. An Ihr befinden sich bereits die ersten Klettereien. Schliesslich erreichen wir Verschneidungswand und Drachenwand, die Herzstuecke der Holzener Klippen. Die linke Kannte der Verschneidungswand ist 1965 erstbegangen worden. Und mit dicken Bergstiefeln war sie sicherlich etwas “eierig”, denn so ist ihr Name: “Eierkannte”. Mit Reibungskletterschuhen allerdings ein Genuss. Nebenan an der Drachenwand (schon wieder ein Tier, diesmal aber Fossil und nicht Reptil) geht es schon etwas saftiger zu. Die “Saftkannte”, 7+, verlangt Ausdauer und bietet dafuer excelente Risskletterei. Eine der wohl imposantesten Freiklettereien im 7 Grad ist der “Drachentoeter”. Fingeriss, Quergang, seichte Verschneidung und kraeftiger Ueberhang, diese Kletterei hat einfach alles zu bieten. Und wenn es ab und zu ueber den Koepfen zischt, ist es nicht der Drache, sondern die Segelflieger die immer knapp ueber Baumwipfel und Felsen jagen. Sie gaben auch der kleinen Verschneidung im Grad 6+ den Namen: “Segelflieger”. Doch inzwischen sind keine Segelflieger mehr am Himmel zu sehen, da bereits wieder Regenschwangere Wolken den Himmel bedecken. Unsere drei dunklen Gestalten, die sich bei dem Sonnenschein lieber zu Pommes und Currywurst in die nebuloese Gaststube des Ithhotels verzogen, koennen endlich wieder zum Vorschein kommen und mit Ihren Schirmen den Nebel durchschneiden.
Infoteil
Lage: Suedlich von Hannover im Dreieck zwischen Hameln, Elze und Einbeck. Anfahrt mit der Bahn: Schwierig. Am besten mit Intercity bis Hannover. Dort umsteigen in Interregio nach Elze oder Alfeld. Von dort mit dem Fahrad in ca.1 Stunde zum Ith. Es faehrt aeusserst selten ein Bummelzug nach Stadtoldendorf weiter, von wo aus man mit etwas Glueck einen Bus nach Eschershausen erwischt. Von Eschershausen dann mit Fahrad oder zu Fuss ueber Scharfoldendorf in ca.5 km zum Ith. Anfahrt mit dem Auto: Von Norden kommend, velaesst man die A7 in Laatzen. Weiter auf der B443 nach Pattensen und die B3 nach Elze. Hinter Elze biegt man ab Richtung Eime / Eschershausen und gelangt dann ueber Marienhagen, Weenzen und Foelziehausen nach Capellenhagen. Der nun steil ansteigenden Strasse folgt man bis zum hoechsten Punkt, wo beim Ithhotel ein kleines Straesschen nach rechts zum Ithzeltplatz abbiegt. Von Sueden kommend verlaesst man die A7 in Nordheim Nord und folgt der B3 in Richtung Einbeck / Alfeld. Bei Brunsen biegt man auf die B64 Richtung Eschershausen. In Eschershausen nach rechts auf die B240 Richtung Bodenwerder und gleich in der naechsten Ortschaft Scharfoldendorf wieder rechts in Richtung Capellenhagen / Duingen. Der nun auf den Ithkamm fuehrenden Strasse folgt man bis kurz vor die Kammhoehe, und biegt dann nach links in ein kleines Straesschen das zum Ithzeltplatz fuehrt. Gestein: Dolomitgestein des Weissen Jura. Der Fels aehnelt dem Fels des Frankenjura. Absicherung: Fast alle Routen sind inzwischen mit Buehlerhaken saniert. Jedoch ist gerade in den leichteren Routen ein Satz Klemmkeile und Schlingen zum faedeln von Sanduhren zusaetzlich mitzufuehren. Uebernachtung: Auf dem Zeltplatz des JDAV. Groessere Gruppen muessen sich anmelden bei der I.G. Ith.
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